Yvonne Diewald  |  02. Aug 2024   |   min Lesezeit

Yvonne Diewald  |  02. Aug 2024  

min Lesezeit

Größte Irrtümer im Coaching

Falsche Erwartungshaltungen auf beiden Seiten
Größte Irrtümer im Coaching

Coaching wird immer beliebter, und viele Führungskräfte und Mitarbeiter haben bereits Erfahrungen damit gemacht. Doch trotz der wachsenden Bekanntheit gibt es immer noch einige weit verbreitete Missverständnisse darüber, was Coaching eigentlich ist – sowohl auf Seiten der Coaches als auch der Coachees. Hier möchte ich einige dieser Irrtümer aufklären.

1. Irrtum: Coaching kann sofort losgehen

Viele glauben, dass Coaching einfach mit dem ersten Gespräch beginnt. Doch genauso wie man die Butter aus dem Kühlschrank nehmen muss, bevor man einen Kuchen backt, braucht es auch im Coaching ein „Anwärmen“. Beim ersten Treffen sitzen sich meist zwei Fremde gegenüber – der Coach auf vertrautem Terrain, der Coachee in einer neuen, ungewohnten Umgebung.

Um diesen Start zu erleichtern und eine produktive Atmosphäre zu schaffen, nutze ich verschiedene Techniken. Zum Beispiel schicke ich dem Coachee vor dem ersten Treffen ein Vorbereitungsblatt, das er mir ausgefüllt zurückschickt. Außerdem beginnt mein REMIND-Programm immer mit einem kostenlosen und unverbindlichen Erstgespräch, in welchem ich dem Coachee erkläre, wie sein Problem entstanden ist und dass es ein neuronales Programm in seinem Kopf ist. Diese Realisierung ist der erste Schritt im Programm und verhindert, dass der Coachee weiterhin glaubt, dass die Lösung seines Problems bei jemand anderem liegt.

2. Irrtum: Coaching liefert Werkzeuge und Techniken

Es ist eine weit verbreitete Annahme, dass Coaching darauf abzielt, konkrete Werkzeuge und Tipps bereitzustellen, die schnell und einfach umsetzbar sind. Viele Coachees kommen mit genau dieser Erwartung in die erste Sitzung: „Wie kann ich mein Selbstbewusstsein stärken?“ oder „Wie gehe ich am besten mit einem schwierigen Mitarbeiter um?“ Die Enttäuschung folgt oft auf dem Fuß, wenn der Coach diese Fragen nicht direkt beantwortet.

Natürlich könnte ein Coach Ratschläge geben – das Internet und zahlreiche Bücher bieten ebenfalls eine Fülle solcher Informationen. Doch die wahre Herausforderung liegt nicht darin, dass Coachees nicht wissen, was sie tun könnten, sondern darin, dass sie es nicht umsetzen. Warum? Oft, weil die Ratschläge nicht zu ihnen passen oder weil innere Blockaden sie davon abhalten.

Der wahre Wert des Coachings liegt darin, diese Hindernisse zu erkennen und an der Wurzel zu bearbeiten. Es geht darum, herauszufinden, was den Coachee daran hindert, die notwendigen Schritte zu gehen, und nicht nur darum, ihm weitere Tipps zu geben. Dies finde ich im zweiten Schritt des Programms – der Erlebnisanalyse – heraus.

3. Irrtum: Emotionen haben im Coaching nichts zu suchen

Einige Coachees hoffen, dass Coaching eine rein kognitive Übung ist, bei der sie praktische Tipps bekommen, ohne sich emotional zu involvieren. Doch wahre Veränderung passiert nicht im Kopf allein. Unser Verhalten wird von tief verankerten Mustern gesteuert, die sich oft unserer bewussten Kontrolle entziehen.

Diese Muster sind wie Autobahnen im Gehirn – stabil, festgefahren und schwer zu verändern. Um diese neuronalen Strukturen aufzulösen, braucht es für eine gewisse Zeit das Aushalten von unangenehmen Gefühlen und der konsequenten Musterunterbrechung – dem dritten Schritt des Programms. Deshalb lernen meine Coachees ihre Gefühle selbst zu regulieren.

4. Irrtum: Veränderung passiert durch Einsicht

Viele glauben, dass Einsicht allein zur Veränderung führt – wenn man nur versteht, warum man sich in einer bestimmten Weise verhält, wird man sein Verhalten ändern. Doch die Realität ist komplexer. Einsicht ist hilfreich, aber nicht ausreichend. Wirkliche Veränderung erfordert ein völlig neues Denken, Fühlen und Verhalten. Das Gehirn benötigt andere Impulse als die bekannten.

Deshalb arbeite ich im Coaching mit Impulseingaben. Durch gezielte Fragen in der Erlebnisanalyse, finde ich heraus, welche Impulse dem Gehirn meines Coachees fehlen. Die Bereitstellung fehlender notwendiger Impulse ist der Schlüssel zur Veränderung, denn sie greifen auf tief gespeicherte Strukturen zu, die das aktuelle Verhalten beeinflussen. Impulseingaben sind der vierte Schritt des Programms.

5. Irrtum: Der Coachee braucht vor allem Verständnis

Es ist leicht, im Coaching eine „Wellness-Behandlung“ zu erwarten, bei der der Coach vor allem zuhört und Verständnis zeigt. Doch das ist nur der Anfang. Ein guter Coach darf sich nicht scheuen, den Finger in die Wunde zu legen und auch unangenehme Wahrheiten auszusprechen. Der Schlüssel liegt darin, eine Balance zwischen Einfühlungsvermögen und Direktheit zu finden.

Es ist wichtig, dass der Coach klar und verbindlich bleibt, auch wenn er dabei die Komfortzone des Coachees herausfordert. Beispielsweise frage ich oft: „Was sagt Ihnen diese Situation über sich selbst?“ oder „Könnte es sein, dass an dem Feedback Ihrer Mitarbeiter, das Ihnen missfällt, etwas Wahres dran ist?“ Solche Fragen können unbequem sein, aber sie sind notwendig, um echte Veränderung zu ermöglichen. Coaching ist keine Kuschelecke, sondern eine Chance zur Transformation – auch wenn das manchmal harte Arbeit bedeutet. Diese benötigt Zeit, daher ist das Einzige, was der Coachee braucht: Geduld. Und Unterstützung durch den Coach, falls er oder sie im Begriff ist in alte Muster zurückzufallen. Mitunter ist dafür kritisches Feedback notwendig. Dies ist der fünfte Schritt des Programms – die Neuverdrahtung – bei der der Coachee lernt nicht aufzugeben, sondern konsequent auf sein Ziel zuzuarbeiten.

6. Irrtum: Coachings sind wirksamer als Therapien

Viele Coachees denken, dass Coaching schneller als Ziel gelangen lassen, weil sie zukunftsorientiert sind, während sich Therapien hingegen mehr mit der Vergangenheit beschäftigen. Tatsächlich können beide Formen unwirksam sein, wenn nicht hirngerechte Prinzipien verwendet werden. Und selbst wenn hirngerechte Methodiken zum Einsatz kommen, kann es passieren, dass der Coachee wieder in alte Muster zurückfällt. Daher ist es wichtig, dass der Coachee die einzelnen Schritte und deren Bedeutung lernt, damit er diese auch nach Abschluss des erfolgreichen Coachings weiterhin anwendet. Ganz nach dem Motto: „Wer rastet, der rostet“, ist das Gehirn in der Lage aufgebaute Strukturen wieder aufzulösen. Aus diesem Grund ist der sechste und letzte Schritt im REMIND-Programm die Dauerschleife.

Fazit: Coaching ist mehr als Tipps und Tricks

Coaching ist ein tiefgehender Prozess, der weit über das Vermitteln von Werkzeugen hinausgeht. Es erfordert Mut, Offenheit und die Bereitschaft, sich auf eine transformative Reise einzulassen. Veränderung ist harte Arbeit – aber sie ist möglich, wenn man bereit ist, sich den Herausforderungen zu stellen und sich auf die eigene Entwicklung einzulassen.

 

Alles erdenkliche Gute Dir,

Yvonne Diewald

Über die Autorin

Yvonne Diewald ist eine erfahrene Neuro-Coachin und Trainerin, die Menschen dabei unterstützt, tief verwurzelte Muster zu durchbrechen und neue Wege zu persönlichem Wachstum zu finden. Mit ihrem REMIND®-Programm kombiniert sie neurowissenschaftliche Erkenntnisse mit einfühlsamer Begleitung, um nachhaltige Veränderungen zu ermöglichen. Ihre Arbeit inspiriert dazu, das eigene Potenzial zu entfalten und ein erfüllteres Leben zu führen. Lass Dich von Yvonnes Leidenschaft und Expertise auf Deinem Weg begleiten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit markiert

{"email":"Email address invalid","url":"Website address invalid","required":"Required field missing"}
Success message!
Warning message!
Error message!