Yvonne Diewald beschäftigt sich aufgrund eines Schicksalsschlags mit der Hirnforschung, insbesondere mit der Neuroplastizität.
Sie entwickelt eine Methode, mit der sie Menschen in kurzer Zeit von Ängsten, Depressionen & belastenden Mustern befreit – und das dauerhaft.
Die Hirnexpertin appelliert an Psychologen und Therapeuten nicht mehr länger überholtes Wissen und unwirksame Methoden anzuwenden.
Warum machen uns innere Kritiker oder Schattenkinder das Leben so verdammt schwer und führen ständig zu Rückfällen – und gibt es sie überhaupt?
Hast du dich jemals gefragt, warum es so schwer ist, sich von alten Gewohnheiten zu lösen? Oder warum es manchmal scheint, als würden wir in einem endlosen Zyklus von Rückfällen gefangen sein? Wir wollen etwas anderes, scheitern aber ständig am kleinsten Versuch der Veränderung. Die Psychologie sagt, wir hätten innere Kritiker oder Schattenkinder, die uns das Leben zur Hölle machen.
Aber ist dem wirklich so?
Die Neurowissenschaftlerin Yvonne Diewald sagt, dass diese Theorien auf längst überholte Ansätze von Sigmund Freud (Über-Ich, Ich, Es) beruhen, sich aber hartnäckig halten. Die Antwort für unser stetiges Trial & Error – also Versuchen und Scheitern – liegt in den Tiefen unseres Gehirns und dem faszinierenden Konzept der Neuroplastizität.
Doch keine Sorge, es ist nicht so kompliziert, wie es klingt. Lassen wir die Expertin erklären, was es damit auf sich hat.
Vom lebenslangen Pflegefall zum selbstbestimmten Leben und revolutionärer Methode
Frage: Yvonne, du bist Neuro Coach mit einer besonderen Geschichte: Dein Sohn erlitt als Frühchen einen Hirnschaden, sein Motorik-Areal wurde zerstört, Prognose: Schwerstpflegefall für den Rest seines Lebens. Du hast dich nicht damit abgefunden, und dank deines Trainings lebt er heute ein selbstbestimmtes Leben. Wie hast du das geschafft und was zeigt diese Geschichte?
Antwort: Ich habe viele Experten aufgesucht, allesmögliche ausprobiert, tagtäglich mit Dominic trainiert und das, was half, intensiviert. Ich gab seinem Gehirn intuitiv die richtigen Impulse und es konnte dadurch neue neuronale Strukturen entwickeln. Dominic ist zwar körperlich beeinträchtigt, kann aber gehen, schreiben, sprechen – alles, was die Experten ihm abgesprochen hatten. Erst viele Jahre später in meinem Studium der kognitiven Neurowissenschaften erfuhr ich, dass Prof. Dr. Eric Kandel aus den USA im Jahr 2000 den Nobelpreis für den Nachweis der neuroplastischen Fähigkeiten des Gehirns am Experiment einer Schnecke erhielt – lange nachdem ich sie bei meinem Sohn tagtäglich erlebte. Und ich stellte mir natürlich die Frage: „Wenn mein Sohn mit einem defekten Gehirn zu dieser Leistung imstande war, was könnten Menschen mit einem intakten Gehirn alles schaffen? Und welche Impulse benötigen eigentlich sie? Nie wieder Rückfälle in alte Muster: Wie Neuroplastizität unser Leben verändert
Frage: Du sagst: „Im ersten Viertel unseres Lebens entwickeln wir unsere Denk-, Gefühls- und Verhaltensmuster. In den letzten Dreivierteln kämpfen wir gegen sie an“. Warum ist es so schwierig, seine belastenden Muster, Gewohnheiten und tiefsitzenden Probleme loszuwerden?
Antwort: Muster, Gewohnheiten und tiefsitzende Probleme sind nichts anderes als neuronale Programme, die automatisiert ablaufen. Wir haben sowohl „gute“ Gewohnheiten wie das Zähneputzen, als auch „schlechte“ wie das Nägelkauen oder im Streit impulsiv zu werden. Solche Programme entstehen, indem sie mit vielen Impulsen „gefüttert“ werden oder mit starken Emotionen von prägenden Erlebnissen verbunden sind. Sie wandern dann in ein unbewusstes Hirnareal und werden durch entsprechende Trigger aktiviert. Wir können unser Problem noch so gut verstanden haben und Veränderungen planen – und werden doch immer wieder scheitern. Dies liegt darin begründet, dass solche bewussten Vorgänge wie Analysieren und Pläne schmieden, sehr viel Energie kosten und in einem völlig anderen Hirnareal stattfinden als jenes, in denen die unbewussten Programme liegen. Das Gehirn möchte aber stets Ressourcen sparen und greift daher immer wieder auf die tief im Unbewussten abgespeicherten Programme zurück – dort sitzen Hirnzellen, die viel weniger Energie verbrauchen, denn sie arbeiten automatisiert. Dies geschieht vor allem, wenn wir gestresst sind und unter dem direkten Einfluss des Triggers stehen. Dann ist es nahezu unmöglich, bewusst dagegenzuhalten, da sich das Gehirn evolutionsbedingt unbewusster, automatisierter Stressmuster bedient.
Wie man diesen Rückfällen entkommt und endlich sein Ziel erreicht
Frage: Die von dir entwickelte und wissenschaftlich fundierte REMIND®-Methode bewirkt in sechs Schritten, dass wir belastende Programme erkennen, ihre Trigger identifizieren, die Muster unterbrechen und förderliche neuronale Programme anlegen können. Kannst du kurz erklären, wie sie funktioniert?
Antwort: Jeder Buchstabe meiner Methode steht für einen der sechs notwendigen Schritte für eine dauerhafte Umprogrammierung im Gehirn. Im ersten Schritt – der Realisierung – vermittele ich dem Klienten, dass nicht das Schicksal oder „innere Kinder“ für seine belastenden Muster verantwortlich sind, sondern ganz bestimmte Hirnzellen, die in neuronalen Programmen miteinander verschaltet sind. Im zweiten Schritt – der Erlebnisanalyse – geht es darum, welche prägenden Erfahrungen in diesen neuronalen Programmen abgespeichert sind und durch welche Trigger-Elemente sie reaktiviert und damit auch die Erlebnisse reinszeniert werden. Beim dritten Schritt – der Musterunterbrechung – ist der Klient aufgefordert, wann immer sein belastendes Muster aktiv ist, mit einfachen kognitiven Übungen dagegenzuhalten. Diese unterbrechen temporär das Muster, verhindern aber gleichzeitig – und darum geht es – den weiteren automatisierten Ausbau der neuronalen Programmstruktur und sorgen langfristig für dessen Abbau. Es würde jetzt zu weit führen, den neurobiologischen Prozess dahinter zu erklären. Durch die konstante Impulseingabe von guten Reizen – dem vierten Schritt der Methode – wird eine neue förderliche Struktur aufgebaut – ähnlich dem Prinzip, das ich bei meinem Sohn anwandte. Er war ein Frühchen, bei ihm gab es noch nichts, was abgebaut gehörte, nur neuronale Programme, die zum Gehen, Schreiben, Sprechen, usw. sukzessive aufgebaut werden mussten. Eine automatische Neuverdrahtung (fünfter Schritt) entsteht, wenn Schritt drei und vier für mindestens 90 Tage angewendet wird. Das ist enorm wichtig und deswegen stehe ich meinen Klienten mit Rat und Tat zur Seite. Und mit der Dauerschleife, also der wiederkehrenden Eingabe von förderlichen Impulsen, dem letzten Schritt der Methode, sorgen wir für den dauerhaften Erhalt der förderlichen Struktur.
Warum Therapien nicht dasselbe gewünschte Ergebnis erreichen und Menschen jahrelang darin feststecken
Frage: Du sagst, dass die Arbeit von Psychologen und Therapeuten nicht nur nicht wirksam, sondern auch kontraproduktiv sein kann. Was hat es damit auf sich?
Antwort: Meine REMIND®– Methode fundiert auf aktuellen Hirnforschungsergebnissen. Einer der renommierten deutschen Hirnforscher, Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth (✝ 2023) hatte bereits 2017 gesagt: „Mit dem Wissen, was wir heute in der Hirnforschung haben, wissen wir auch, dass wir die Patienten in den Therapien seit Jahrzehnten falsch behandeln.“ Dies war für mich ein absoluter Schlüsselsatz! Denn wie soeben erfahren, sorgen Impulse dafür, dass bestehende neuronale Programme aktiviert und anschließend weiter ausgebaut werden. Auf diesen natürlichen Hirnprinzipien beruht meine Methode: Die Eingabe von Impulsen sorgt für Erlernen, Abspeichern und Erinnern, das Weglassen von Impulsen führt zu Verlernen, Abbau und Vergessen. Was die wenigsten Patienten, aber auch deren Therapeuten wissen: Jedes Gespräch über das Problem (z.B. „Wie geht es Ihnen seit unserer letzten Sitzung? Wie oft trat Ihr Problem auf? Auf einer Skala von 1-10, wie intensiv war es?“) liefert dem Gehirn viele Impulse, die über die neuronale Bahn des Problem-Programms laufen, dieses aktivieren und im Nachgang weiter ausbauen lassen. Patienten machen aber in der Regel eine Therapie, um etwas Belastendes loszuwerden und wissen nicht, dass sie damit die Problem-Struktur im Gehirn vielmehr verstärken und weiter ausbauen.
Sollte man Coachings und Therapien vermeiden?
Frage: Du sagst, dass jegliches Gespräch über das Problem eher verstärkend ist und Menschen darauf verzichten sollten – sind demnach Coachings und Therapien schädlich? Und wie verhält es sich, dass du dich Neuro Coach nennst?
Antwort: Früher glaubte man, dass das Gehirn im Erwachsenenalter unveränderbar sei, aber die neuesten Erkenntnisse aus der Neurowissenschaft zeigen, dass dies nicht der Fall ist. Tatsächlich kann sich unser Gehirn bis ins hohe Alter hinein neu organisieren und umformen. Die meisten Psychologen, Therapeuten und Coachs arbeiten noch mit altem herkömmlichem Wissen und Methoden, die die neuroplastischen Hirnprinzipien nicht berücksichtigen. Ich möchte keinesfalls die Kollegen um ihre Arbeit berauben – ganz im Gegenteil, meine Partnerin Leslie Nachmann und ich bilden Ärzte, Psychologen, Therapeuten und Coachs in der wissenschaftlich fundierten REMIND® -Methode aus. Wir möchten vielmehr dazu aufrufen, dass sich die Kollegen neurowissenschaftlich weiterbilden und nicht mehr länger alte Methodiken verwenden, die zum einen nicht hirngerecht sind und zum anderen das Problem ihrer Patienten bzw. Klienten verstärken. Die meisten meiner Klienten berichten, dass sie ihre Therapien abgebrochen hatten, weil sie entweder nicht halfen oder zu Verschlimmerung führten. Das muss nicht sein.
Mit REMIND habe ich bereits viele Menschen von langjährigen Depressionen und Angststörungen, teilweise mit akuten Suizidgedanken, nachhaltig befreien können.
Es gibt Hilfe, und es gibt Hoffnung. Zögere nicht, den ersten Schritt zu gehen. Dein Wohlbefinden ist es wert.
Alles erdenkliche Gute Dir,